Martina Geist. ZEITLUPE
Schloss Filseck Zeitraum
14.03.2014 - 25.05.2014
Mit Holzschnitten wurden im 15. Jahrhundert die ersten gedruckten Bücher illustriert. Der Holzschnitt ist die älteste Drucktechnik, mit dem sich Bilder vervielfältigen lassen und so weite Verbreitung finden. Albrecht Dürer hat ihn zu einem Medium eindrücklicher Kunst gemacht. Im 20. Jahrhundert hat der Expressionismus dem Holzschnitt große künstlerische Bedeutung gegeben. HAP Grieshaber ist der große süddeutsche Holzschneider in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und heute setzt Martina Geist Maßstäbe, wie im Holzschnitt eine Brücke entsteht von der Kunst der Moderne bis in die Gegenwart und der Holzschnitt immer noch populäre Qualitäten haben kann. Martina Geists Holzschnitte stellen Stillleben dar. Gut zu erkennen sind Tische, Stühle, Besteck, Früchte und Gläser. Die Kaffeetasse ist eines ihrer bevorzugten Motive. Aber still ist es nicht in ihren Bildern. Man kann die Ruhe lieben und zugleich sind die Dinge wie die Räume ihrer Bilder in Bewegung begriffen. Das Glas fällt um, die Flüssigkeit ergießt sich über die Tischkante. Der Tisch dehnt sich über den Bildrand aus, der Stuhl kippt oder schwebt in dem Raum. Jedes Bild hat mehrere Perspektiven gleichzeitig zu bieten. Und alles hat seine Geschwindigkeit. Das lässt sich in den Formen und Linien ausmachen. Bezeichnend ist, wie die Bildelemente mit einander kommunizieren. Mit Nachdruck arrangiert Martina Geist ihre Kompositionen als dynamisches Gefüge. In der Regel gibt es für Martina Geist nur einen Abzug. Dafür stellt Martina Geist auch den Druckstock aus, der nun in eigenen, kräftigen Farben buchstäblich Bildgegenstand ist. An anderer Stelle druckt Martina Geist auf leichtes transparentes Japanpapier, von hinten und von vorne, wodurch bestimmte Motive zugleich wie ihr Schatten erscheinen. Martina Geist schafft es, dem Holzschnitt sowohl auf dem Papier wie auf dem Druckstock malerische Züge zu geben. Die Farben, die Holzstruktur und die Spuren des eigenhändig geriebenen Drucks unterstreichen diese Qualität. Mit Blick auf die Fotografien von Martina Geist kann jeder nachvollziehen: Die Sicht auf die Dinge ist das Motiv und die Bedeutung des Bildes. Der Mehrwert der Kunst ist das, was sich jenseits des Abbildes auftut: die Bewegung, der Ausdruck, die Freiheit des Einfachen und die Behauptung des Wesentlichen.