Keti Kapanadze. Not only hands but shoulders
Halle oben Zeitraum
14.04.2002 - 19.05.2002
Vom 14. April bis 20. Mai 2002 zeigt die Kunsthalle Göppingen die Ausstellung „Not only hands but shoulders“ mit zumeist großformatigen Farbphotographien und zwei Videoarbeiten der georgischen Künstlerin Keti Kapanadze. Die Eröffnung findet am Sonntag, dem 14. April 2002 um 18.00 Uhr statt. Zur Einführung in das Werk der Künstlerin spricht Wendelin Renn, Leiter der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen.
In den letzten zwei Jahren wird für die Künstlerin Keti Kapanadze die Auseinandersetzung mit Bildern und darin mit Modellen der idealtypischen, dynamischen, modisch aktuellen jungen Frau wesentlich. Bilder des Mode- und besonders des Lifestilejournalismus sowie der Werbung geben den Hintergrund, die Kulisse für eine ständig sich wandelnde und vor diesen Bildern wie eine Schauspielerin agierende Barbie-Puppe – selbst das Modell der jungen, eigentlich zeitlosen und dann auch immer wieder aktuell kostümierten Frau. Sie bewegt sich mit den Bildern, vor den Bildern, die Spiegelung des Modells Barbie in den Models der Mode ist genauso Thema wie die subversiven Fragen, die sich einstellen. Humor, Ironie und die Lust am Absurden spielen ihre Rolle. Und immer wieder geht es um die Rolle der Bilder, der Bilder über Bilder und deren Verwandlung, und das ist der Forschungsspielraum der Kunst.
Ganz zeitgemäß klinkt sich Keti Kapanadze in die Diskussion um Bilder ein, um das Bild der Frau, wie es die Modeindustrie mit den Ikonen ihrer Models und die Spielzeugindustrie mit der Ikone der Barbie-Puppe in die Träume des Alltags und in die Phantasien der jungen Mädchen einbringt. Und sie läßt Barbie tanzen, macht den Ausschnitt, das einzelne Photo zur Welt ihrer Bühne, in der eine immerwährende Verkleidung einer Massenphysiognomie stattfindet. Darin wird der eigentliche Mythos dieser Protagonisten des Bilderthaters von Keti Kapanadze offenbar.
Diese Bilder – Models, Barbie, Keti Kapanadzes Bildtheater – sind ein Angebot für eine immer wieder neue Identitätskonstruktion. „Identität ist eine Frage des Designs“ klingt es dem humanistischen Welt- und Frauenbild entgegen, das so gerne feste Werte und Strukturen und die passenden Gesten hochhalten möchte. Aber es gibt heute auch die Freiheit, eben dieses Design als Möglichkeit zu erkennen, zu verändern, die Freiheit, Alternativen zu erproben oder mit den Klischees und Bildmustern spielerisch entdeckend umzugehen. Die Bilder von Keti Kapanadze sind Spiegel dieser neuen, lockeren und auf ihre Weise kritischen Beweglichkeit. Und sie zeigen, daß Identität und Wirklichkeit ein manchmal schönes, manchmal tragisch komisches oder auch zynisches Spiel mit Bildern ist.
Noch weiter in dem Spiel des Absurden eröffnen die Videos einen Blick in die Abgründigkeit im Aussehen wie in der Sprache und in den Bewegungen von Spielzeugen. Nahsichtig betrachtet, des schönen Scheins entkleidet, wird der Illusionismus der Bilder deutlich, die sie als erzieherisches Medium, als gefühlsmäßig belegbares Gegenüber verkörpern. Die innere, sprechende Mechanik zeigt, daß sie eine besondere Form von Nacktheit ist.
Die in Tbilisi (Georgien) geborene und zur Zeit in Göppingen (Helmut Baumann Atelier Stipendium) lebende Künstlerin Keti Kapanadze gehört zu den nomadischen Künstlern, die ihre Bezugspunkte in einer Bilderwelt finden, die alle Kulturen der Gegenwart durchsetzt und prägt: Lifestilmedien, Werbung, Konsumgegenstände… – viele Vorstellungen bekommen dort ihre neuen, flexiblen, angepassten und kritischen Werte – und denen ist die Künstlerin auf der Spur. Daß sie das als Frau tut, ist unübersehbar, daß die Erkundung und das manchmal groteske Theaterspiel in Bildern wesentlich ist und nicht irgendeine überkommene Moral ebenso.
Zur Ausstellung erscheint ein Buch in Zusammenarbeit mit dem Kehrer Verlag Heidelberg, verbunden mit einer Photoarbeit als Vorzugsausgabe.