Georg Winter hands on – UKIYO CAMERA SYSTEMS
Halle oben Zeitraum
09.07.2016 - 11.09.2016
Hands on. Anpacken. So heißt die aktuelle Ausstellung von Georg Winter. Stets verstehen sich die Ausstellungen des vielfach ausgezeichneten Künstlers und Akademieprofessors als Experimentierfeld zur Erprobung neuer gemeinsamer Handlungsformen in Installationen und mit einem Arsenal an Kameras und Zusatzgeräten.
Georg Winter zählt mit UKIYO CAMERA SYSTEMS, seit den 80er Jahren, zu den radikalsten Aktivisten der „expanded media“ und der raumbezogenen Experimentalkunst.
Das Wort UKIYO kommt aus dem Japanischen und steht für das Fließen der Zeit. „Das Verrinnen der Zeit verursacht eine Traurigkeit, die wir durch die Achtsamkeit für den Augenblick überwinden.“ (Zitat aus dem UCS Handbuch der Kameratechnik, Salon Verlag 1999).
Mit der Entwicklung und dem experimentellen Einsatz von Wahrnehmungsinstrumenten begann Georg Winter Ende der 1980er Jahre. Die Gründung des Entwicklungsbüros für Kameratechnik und neue Medien: UKIYO CAMERA SYSTEMS, 1992, war der Start für die Einführung von neuen Hilfsmitteln und Instrumenten, sowie Handlungsmethoden und medialen Interaktionen, die sich mit den Fragen der menschlichen Wirklichkeitskonstruktionen beschäftigen. Was sehen wir? Was nehmen wir auf? Was ist Bild, Film, Interaktion? Ausgehend von fotografischen Instrumenten zur Bildorganisation hat UCS in den letzten 24 Jahren eine umfangreiche künstlerische Praxis zu diesen Fragestellungen entwickelt und mit den Beteiligten erprobt. Weil diese Fragen nicht geklärt sind und wir uns in „flüchtigen Zeiten“ (Zygmunt Bauman) befinden, kommt es zu einem Zustandsraum von UKIYO CAMERA SYSTEMS in der Kunsthalle Göppingen. Hands on: Anpacken, heißt gemeinsame Handlungsformen erproben (Musée Social), 1:1 Wirklichkeitsmodelle für den Alltag einsetzen und den Erfahrungshorizont mit Hilfe von neuen Konstellationen und Interaktionen erweitern.
Immer wieder steht unsere durch Medien geprägte Wahrnehmung und Kommunikation im Zentrum seiner „Feldforschungen“. Mit UKIYO CAMERA SYSTEMS hat der Künstler ein Sortiment und eine Marke geschaffen für Foto- und Filmkameras mit Zubehör und Anleitung. Mit seinen minimalistischen schwarz lackierten Geräten aus Holz verbindet der Künstler die Fragen und Untersuchungen von Wahrnehmung. Nicht mehr das Objekt vor der Kamera, sondern das Subjekt hinter der Kamera rückt ins Zentrum des Interesses. Was bedeutet Sehen, Erkennen und Speichern von Bildern? Welche Rolle spielt dabei die Haltung – körperlich ebenso wie mental -, die zum Motiv eingenommen wird? Dabei sind Georg Winters Installationen oder Sets immer Displays zum Handeln, Aufforderungen zum Selbstversuch und zur Überprüfung der eigenen Haltung gegenüber der Umwelt.
So besteht die Installation Musée Social aus zwei aufgeklappten, zur Bühne werdenden, schwarzen Rechtecken, die ein weißes Quadrat an der Rückwand tragen, ebenso wie einen weißen Kreis und eine weiße Linie auf Sprungfedern am Boden. Die Verknüpfung aus klassischen Bildelementen des Konstruktivismus mit Spielplatzgeräten und – materialien ist kennzeichnend für die Intention des Künstlers, den hehren Anspruch der Kunst mit zuweilen niederen Gefilden des Alltäglichen zu konfrontieren. Doch was ein Musée Social sein will, muss sich auf dieses Wagnis einlassen.