Joan Brossa - Grafiken, Objekte, Installationen
Halle oben Zeitraum
20.09.1998 - 25.10.1998
Joan Brossa, am 19.1.1919 in Barcelona geboren, ist einer der bedeutendsten katalanischen Schriftsteller dieses Jahrhunderts. Außerdem sind ihm Ausstellungen in bedeutenden Museen und Galerien in Madrid, Minneapolis, Paris ausgerichtet worden. 1992 vertrat er sein Land im Spanischen Pavillon der Biennale von Vendig. Zu Zeiten der Franco-Diktatur jedoch, konnte er nur im Untergrund publizieren. Mit den bildenden Künstlern der katalanischen Avantgarde, allen voran Joan Miró und Antoni Tàpies, mit denen er seit den 40er Jahren eng verbunden war, veröffentlichte er gemeinsam Kunstbücher. Bisher hat Brossa über 80 Gedichtbände und 323 Theaterstücke geschaffen. Die Öffnung durch Grenzüberschreitung ist Kennzeichen seiner Stücke, in die Elemente des Balletts, des Konzerts, der musikalischen Aktion ebenso einbezogen werden wie Pantomime, Zaubervorführungen, Zirkus, Clowns, Scharaden, Zeremonien, Riten, Feste, Gesellschafts- und Gruppenspiele, ja sogar der Striptease. Die Erweiterung des Dichterischen hat ihn schließlich zur visuellen Poesie geführt. Hierbei erstellt er Beziehungssysteme, die auf die intuitive Wahrnehmung der Ähnlichkeit bei ungleichen Dingen baut. So etwa bei der Graphik, die das Signet und die Schrift des bekannten Automobilherstellers nutzt, um den neuen Begriff „Volkswagner“ niederzulegen. Oder er druckt Buchstaben, die von verschiedenen Akzenten begleitet werden und so unterschiedlichen Ausdruck erhalten. Ähnlich verfährt er bei seinen „Objekt-Gedichten“, bei denen er ähnliche aber ungleiche Dinge zusammengeführt, um durch ihre Kombination eine dritte, funktionslose, poetische Bedeutungsebene zu erreichen: Ein Zylinder mit Aufziehschlüssel mag von der Mechanisierung des Chapeau Claque Zeugnis ablegen, aber auch darauf verweisen, daß die im inneren geborgene Hirntätigkeit des Trägers von außen mechanisch aufgezogen wird, das Denken des Zylinderträgers automatengleich ist. Ein anderes „Objekt-Gedicht“ verbindet den Öffner einer Tür mit dem Öffner einer Dose. Beide erfüllen die Funktion des Öffnens, sind verwandt und doch erfüllt ein jeder seine eigene Aufgabe. Der eine dient der reinen Nützlichkeit, der andere ermöglicht Öffnung, Wege und Durchblicke. Ein weiteres Objekt hält zwei Blätter eines Baumes mit einer Büroklammer zusammen. Natürliche Blätter werden wie Papierblätter zusammengefaßt, die Natur dabei bürokratisiert. Bei anderen Objekten spielt Brossa mit Paradoxien: Ein Bleistift läuft zu einem Tintenklecks aus. Ein runder Würfel… Joan Brossa nutzt für seine visuelle Poesie und seine Objekt-Gedichte die surrealistische Methode der Irritation von vermeintlich eindeutiger und eng an die Dinge und ihren Nutzen angebundene Begrifflichkeit. Obwohl das einzelne Ding unverändert bleibt, entsteht durch die Kombination mit anderen, mit denen es üblicherweise nicht in Verbindung steht, ein drittes, ein poetisches Objekt. Dieses hat seine eigentliche Funktion verloren, dafür aber neue, bislang ungewohnte Sinndimensionen gewonnen. Diese können selbstverständlich auf den Umgang mit dem gewohnten Ding zurückwirken, das dann auch im Alltag anders angesehen wird: vielleicht als Ausgangsmaterial für neue, andere Ideen, bestenfalls sogar poetisch.