Vollrad Kutscher. Top Rearguard
Halle oben Zeitraum
24.06.2001 - 05.08.2001
Die Kunsthalle Göppingen zeigt vom 24.6.-5.8.2001 die Ausstellung „Vollrad Kutscher – Top Reaguard“ mit Werken des Frankfurter Künstlers von 1980 – 2000. Die Eröffnung findet am Sonntag, den 24. Juni 2001 um 11.00 Uhr statt. Zur Einführung in die Ausstellung erleben Sie als besonderes Ereignis eine Performance mit Vollrad Kutscher und dem auch aus Film und Fernsehen bekannten Theaterschauspieler Norbert Klassen.
„Nachhut an vorderster Front“ könnte man den Titel der Ausstellung frei übersetzen. Es geht in dem Werk des 1945 geborenen und in Frankfurt am Main lebenden Künstlers immer um das eigentlich klassische Thema des Portraits und des Selbstbildnisses. Seine Bilder kreisen um Selbstvergewisserung, Individualität und Identität, Schönheit und Moral, im Bewußtsein, daß dies gewiß keine Selbstverständlichkeiten mehr sind, wenn sie es denn überhaupt je waren. Die Fragen danach sind das Wesentliche und Vollrad Kutscher findet dafür eindrückliche Bilder.
Der Erfahrung der Mehrschichtigkeit, des Vieldeutigen, des Nicht-Perfekten menschlicher Existenz entsprechen die unterschiedlichen Medien, die in den Rauminstallationen des Künstlers zusammenspielen: Photographie, Video, der Spiegel, Licht, Skulptur, Texte, Computer … verbinden sich zu vielsagenden und erfahrungsintensiven Rauminstallationen. Verführerisch ist die Unmittelbarkeit der Bilder Vollrad Kutschers, eindrücklich und erhellend der Sinn, der sich in ihnen offenbart, auch und gerade weil offen bleibt, was sich der Betrachter als Wesentliches zueigen macht.
„Ars Mundi“ (1997) zeigt auf 16 Monitoren übergroße Münder von Menschen unterschiedlichen Geschlechts, Alters, Hautfarbe und Nationalität. Ihr Atem schlägt sich nieder an den Scheiben der Monitore, individuell, in eigenem Rhythmus von Kommen und Vergehen, verkörpert Seele, Wärme und Menschlichkeit. „Brot und Spiele – Das Hildebrandlied“ (1991), ebenfalls eine vielteilige Videoinstallation, läßt sich interpretieren als eine Reaktion auf eine neue Stufe des globalen Verteilungskampfes im Anschluß an die deutsche Wiedervereinigung. In „R.L. oder die Königin von Saba“ (1998) projiziert der Künstler auf seine Wachsbüste einer Frau aus Äthiopien sieben Stufen des Alters und überblendet das jugendliche und exotische Schönheitsideal mit einem Modell des Alterns in Schönheit und Würde. „Einatmen – Ausatmen, Portraitinstallation Norbert Klassen“ (1992) zeigt 144 Mal das Gesicht des Portraitierten als Maske in seiner Hand. In der Folge der Masken ergibt sich eine Bewegung, vor und zurück der Text wie Einatmen und Ausatmen auf den Monitoren. „Wo bist Du? Hier bin ich, die Wahrheit liegt dazwischen.“ – so gilt die
Ausgangsfrage aller Dialog- Performances zwischen beiden Künstlern, zu denen sie eine neue in der Kunsthalle Göppingen zeigen.
Wiederzusehen ist auch der Reisekoffer mit dem kleinen Modelleisenbahnzug, von dem eine Lampe das Portrait des Künstlers im Vorbeifahren an dessen Wände wirft (siehe Bild). Er ist ein Teil eines komplexen Selbstportraits, einer Rauminstallation, die sich der verschiedensten Medien bedient, um sich die eigene Künstlerexistenz in vielen verschiedenen Sichtweisen und Bildern zu vergegenwärtigen.
Vollrad Kutscher gehört zu den immer wieder überraschenden und neu wahrzunehmenden Künstlern, die eine beständige Beachtung finden. Große Ausstellungen unter anderen in der Kestner-Gesellschaft Hannover, im Kunstmuseum Bern, zuletzt im Museum Wiesbaden oder in der Stadtgalerie Saarbrücken, mit denen zusammen auch der Katalog mit interaktiver CD-ROM entstanden ist, unterstreichen seine gegenwärtige Bedeutung.